Späte Erleuchtung – Echte Freunde
2. Echte Freunde
Unter den ganzen Jungs hatte besonders Thomas es mir irgendwie angetan – immer wieder sah ich zu ihm herüber; aber wir redeten zunächst fast gar nicht miteinander. Tommi war groß und schlank, und hatte dunkelblonde, leicht gekräuselte Haare. Er saß links neben mir – und er sang so fürchterlich falsch, dass ich ihm letztendlich den Mund zuhielt. Tommi warf mir einen bösen Blick zu und knuffte mich auf den Arm. Doch dann „sang“ er nicht mehr, bewegte nur den Mund, ohne dass ein Ton zu hören war.´Na also – geht doch!` dachte ich bei mir. An diesem ersten Abend durften wir länger aufbleiben – aber irgendwann erlosch dann doch das Feuer (die Betreuer hatten kein Holz mehr nachgelegt), und wir zogen uns nach und nach zurück. Ein paar von uns huschten noch schnell ins Badezimmer, die Meisten verschwanden aber gleich im Schlafraum. Es war drückend im Raum – trotz weit geöffneter Fenster. So lagen wir also fast nackt in, beziehungsweise eigentlich mehr auf unseren Betten – nur unsere Schlafanzug- Shortys hatten wir noch an. Auch Tommi war mit auf meinem Zimmer; er lag auf dem Rücken auf seiner Bettdecke, und ich betrachtete ihn; er hatte die Augen geschlossen.
Ich sah einen schlanken, fast weißen Oberkörper, die Rippen zeichneten sich deutlich ab – und im Kontrast dazu hatte er sehr dunkle Brustwarzen. Unter den Armen und an seinen Beinen begann bereits der Haarwuchs- noch ganz zart, aber er war schon deutlich zu erkennen. Irgendwie gefiel mir dieser Anblick – auch wenn ich ihn noch nicht so recht zuordnen konnte. Zwischen seinen leicht gespreizten Beinen konnte ich – eher unabsichtlich – unter das Höschen schauen. Und was ich da in seinem Shorty sah, machte mich fast neidisch. Ich hob ganz leicht mein eigenes Höschen an und schaute hinein – gegen seinen war das ja nur ein Zipfelchen! Mir fielen die Augen zu – darüber sinnierend, ob meiner denn auch noch so groß wird, schlief ich schließlich ein, noch bevor die Nachtwache das Licht gelöscht hatte.
Pünktlich um 7 Uhr wurden wir geweckt – ich hatte noch gar keine Lust, aufzustehen. Doch es stand viel Arbeit an. Aber erstmal ab ins Badezimmer – wie der Zufall es wollte, stand Thomas neben mir am Waschtisch. Er trug noch immer sein Shorty – und darunter hatte sich eine kleine Beule gebildet. Als wir zurück im Schlafraum waren, um uns anzuziehen (ich hatte immer noch kein Hemd, also zog ich mir ein frisches T- Shirt über), drehte er mir den Rücken zu, während er schnell die Schlafhose gegen eine Unterhose tauschte. Am Frühstückstisch setzte er sich an das andere Ende, weit weg von mir. „Bin ja mal gespannt, was wir heute machen“, sprach mich mein Tischnachbar an. „Ich auch“. antwortete ich; „hoffentlich nichts Anstrengendes, es ist ja schon wieder so heiß, und außerdem haben wir Ferien!" Wir wurden in Gruppen eingeteilt; ein Teil „durfte“ sich mit dem Abwasch vergnügen und die Tische reinigen, andere schleppten die gerade angelieferten Lebensmittel in den Lagerraum. Eine weitere Gruppe (zu der auch ich gehörte), baute ein Zeltlager auf. Von weitem sah ich Tommi, er schleppte eine große Kiste mit Orangen. Als er bei uns ankam, stolperte er über ein Abspannseil und fiel der Länge nach auf die Nase. Einer aus der Zeltbauer- Gruppe meinte nur böse: „Pass doch auf!" Thomas rappelte sich auf, und wollte die Kiste wieder hochheben – doch ich war schon wortlos an die andere Seite gegangen. „Komm, ich helfe Dir – wo soll die Kiste hin?" „Da drüben, in den Kühlraum“. Dankbar lächelte Tommi mich an – es war das erste Mal, dass ich ihn lächeln sah. Als wir die Orangenkiste abgesetzt hatten, lief ich zurück zu meiner Gruppe. Dort angekommen, erntete ich gleich böse Blicke. „Du gehörst hierhin – so werden wir ja nie fertig!“ raunzte einer. Doch unser Gruppenleiter sah mich nur an, und nickte mir zu.
Auch am Mittagstisch hielt Tommi noch Abstand; erst als wir die Tische abräumten, stand er in der Küche neben mir – ein kurzer Blick, ein leises Lächeln; wir setzten unsere Teller ab und liefen wieder hinaus. Abends hatte er sich dann am Tisch neben mich gesetzt. Nun sah ich deutlich, dass seine Augen glänzten; er mochte mich! Vielleicht wird ja doch noch eine Freundschaft daraus? Schweigend saßen wir da und aßen. Doch unter dem Tisch berührten sich unsere nackten Beine. Ein Schauer durchfuhr mich, und Tommi schien es zu merken. Nach dem Abendessen traf sich die Zeltgruppe wieder und wir begannen damit, die ersten Zelte einzurichten. Feldbetten mussten aufgestellt, Gaslampen aufgehängt und Schlafsäcke auf den Betten verteilt werden. Schnell war auch schon wieder Bettzeit – wir hatten erst die Hälfte der Zelte fertig.
Als ich in den Schlafraum kam, setzte Tommi sich gerade auf sein Bett und zog sich aus – diesmal drehte er sich nicht um. Noch immer auf dem Bett sitzend, rief er mich zu sich, nachdem auch ich meine Schlafanzughose angezogen hatte. „Sammelst Du auch?“ fragte er mich, und hielt ein paar Bilder von Fußballspielern hoch. „Ja, aber mein Album habe ich nicht mitgenommen“. Wir saßen dicht nebeneinander auf seiner Bettkante, unsere Arme und Beine berührten sich wieder, und wir schauten uns die Bilder an. Es war ein tolles Gefühl, Toms nackte Haut an meiner zu spüren, und so richtig interessierten mich –wenn ich ehrlich bin – die Fußball- Bildchen nicht. „Wenn wir wieder zuhause sind, müssen wir unbedingt mal tauschen!“, meinte er, und klebte ein weiteres Bild eines Fußball – Idols in sein Album. „ich habe noch ganz viele Doppelte!“ „Klar, machen wir!" Schließlich krabbelte ich in mein Bett, das Licht wurde gelöscht, und ich schlief zufrieden ein. Ich hatte einen echten Freund gefunden! Während der nächsten Tage versuchten wir, immer in eine Gruppe zu kommen, wenn wieder Arbeiten anstanden und die Gruppenleiter uns einteilten. Meistens gelang uns das, und so verbrachten wir viel Zeit miteinander. Viel schneller, als wir es eigentlich wollten, verging die erste Woche im „Camp“.