Geteilte Welten Kapitel 9 – Überraschung

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Sie saßen in der Falle! Zurück ging nicht – dann hätten sie bis in die Puppen im Baggersee ausharren müssen; vor ging aber auch nicht, denn dort warteten ihre Freunde darauf, dass sie sich blicken ließen. Und immerhin waren sie beide nackt! Was also war zu tun? Schließlich nahm sich Marko ein Herz: „Weißte was, mein Süßer? Uns bleibt keine Wahl; wir nehmen uns jetzt an der Hand und gehen auf diese Lichtung – sollen die Jungs doch denken, was sie wollen! Wir wissen, dass wir zusammen gehören, und es ist egal, was gleich passieren wird; daran kann und wird keiner der Jungs etwas ändern!“ Fest entschlossen nahm Marko Tims Hand in seine und ging los in Richtung der Lichtung. Dort angekommen, erwartete sie eine tolle Überraschung: die Jungs umkreisten sie und stellten sich dann in Herzform um sie herum auf. Niemand achtete darauf, dass sie nackt waren – im Gegenteil! Wie auf ein Kommando hoben die Jungs ihre Arme in die Luft und riefen: „Ein Hoch auf Marko und Tim – ein Hoch auf die Liebe!“ Mit erhobenen Armen erstarrten sie – und es dauerte noch eine gewisse Zeit, bis Tim und Marko begriffen, worauf sie jetzt warteten: doch dann drehten die Beiden sich zueinander und küssten sich. Inzwischen war es ihnen egal, dass sie nichts anhatten außer ihrer Haut; ihre Freunde sollten ruhig sehen, wie verliebt sie ineinander waren. Innerlich freuten sie sich darüber – und sie wussten, dass alles, was hier gerade passierte, nicht nach außen dringen würde… „Woher wusstet ihr…?“ fragte Marko verblüfft. Mike grinste. „Wir haben halt unsere Spione…“ Tim und Marko schauten in die Runde und jedem ihrer Freunde in die Augen, darauf bedacht, herauszufinden, wer von ihnen wohl der Spion sein könnte, doch außer einem breiten Grinsen in den Gesichtern konnten sie nichts entdecken. Verdammt, wie haben die das bloß rausbekommen? Tim hatte sich doch per Internet mit Marko verabredet… Ehe sie sich versahen, hatten nun auch die Anderen sich ihrer Kleidung entledigt und liefen in einer Reihe den schmalen Pfad hinunter zurück zum See. „Los, ihr Turteltauben, kommt schon!“ Natürlich folgten auch Tim und Marko ihnen, nachdem sie sich glücklich strahlend angeschaut und noch einmal innig geküsst hatten. Sie waren sich einig: solche tollen Freunde hat bestimmt nicht Jeder – die muss man erstmal finden!

Während sie sich einer wilden Wasserschlacht hingaben, erinnerte sich Tim, dass er versprochen hatte, zum Abendessen wieder zuhause zu sein. „Bin gleich wieder da!“ rief er in die Runde, gab Marko noch schnell einen Kuss und lief aus dem Wasser, den Trampelpfad hinauf und zur Lichtung, wo ihre Sachen lagen. Er trocknete sich die Hände ab und fingerte in seinen Hosentaschen herum, auf der Suche nach seiner Uhr. Ah, da ist sie ja! Mit zwei Fingern zog er sie heraus und schaute auf das Ziffernblatt. Es war inzwischen halb zwei geworden – Tim hatte also noch gute drei Stunden Zeit, die er mit seinem Schatz und ihren Freunden verbringen konnte. Schnell verstaute er die Armbanduhr wieder in der Hosentasche; dann lief er zurück zum See, kletterte auf den Vorsprung und landete mit einer Arschbombe im Wasser.
Sofort schwamm Marko auf ihn zu und umarmte ihn. „Mensch Schatz, ich dachte, Du kommst gar nicht mehr wieder!“ Tim antwortete mit einem Kuss. „Glaubst Du ehrlich, ich lasse Dich mit den Jungs hier alleine? Never! Wer weiß, an wen Du Dich dann heranmachst! Nee, musste nur mal schnell die Zeit checken – ich habe meinem Paps versprochen, dass ich zum Abendessen zurück bin“. „Ach so“, meinte Marko, und seine Stimme klang etwas resigniert. „Ich habe einen Deal mit meinem Vater“ versuchte Tim zu erklären; „wenn ich gewisse Regeln einhalte, darf ich mich weiter mit euch treffen und bekomme auch wieder Taschengeld“. „Schade“, meinte Marko enttäuscht, „ich hatte gehofft, dass Du heute mit zu mir kommst“. „Nee, das wird wohl nichts; ich muss ja auch morgen früh um sieben wieder in der Schule sein“, antwortete Tim, doch sein trauriger Unterton war nicht zu überhören. Er war genau so enttäuscht wie Marko, denn er hätte sich nichts sehnlicher gewünscht, als in den Armen seines Liebsten aufzuwachen.

Inzwischen waren sie wieder alle auf den Moosboden der Lichtung zurückgekehrt, immer noch alle fast nackt. Nur Paolo, in dessen streng gläubiger Familie es absolut tabu war, sich nackt zu zeigen, und Dominik, ein sehr schüchterner und zurückhaltender Junge, hatten ihre Unterhosen anbehalten. Tim und Marko lagen dicht nebeneinander und Händchen haltend, die Anderen etwas verstreut, sitzend oder liegend. Noch einmal schnitt Tim das Thema „Spion“ an; er war einfach zu neugierig, wie die Jungs es herausgefunden haben konnten. „Nun los, sagt schon, woher wusstet ihr…?“ Diesmal war es Willy, der mit einem breiten Grinsen antwortete. „War ganz einfach: Ich hab euch gesehen, an der Parkbank. Du hast Marko die Augen zugehalten. Das war ja wohl schon deutlich…. und als ihr dann losmar-schiert seid, bin ich hinter euch her. Fast hätte ich mir gewünscht, dabei zu sein…“ Er hatte die Beiden also beobachtet, als sie…! Marko und Tim wurden puterrot im Gesicht; so eine Sch…! Noch breiter grinsend, fuhr Willy fort: „Na ja, da hab ich mir gedacht, das muss würdig gefeiert werden und hab ein bissel herumtelefoniert…; und nun sind wir hier!“ Jetzt wurde Tim richtig sauer. „Du Arsch! Du dumme Sau! Hast uns zugesehen!“ schrie er. „Nun komm mal wieder runter“, versuchte Willy ihn zu beschwichtigen, „als Marko anfing, an Deiner Hose rum zu machen, bin ich weggegangen. Nix habe ich gesehen, außer Eurer Knutscherei!“ Doch Tim war auf 180. Das hätte er von einem seiner besten Freunde nicht erwartet! „Und selbst wenn ich es gesehen hätte, glaubst Du wirklich, es würde einer erfahren? Eher krepier ich!“ redete Willy weiter auf ihn ein. Doch Tim war noch immer kaum zu beruhigen. Marko saß neben ihm, und sagte erstmal nichts. Es verstrichen bestimmt noch einmal einige Minuten, bis er seinen Tim in den Arm nahm und meinte: „Lass gut sein, Schatz; Du weißt genau so gut wie ich, dass Willy dicht hält!“ Und wenn er wirklich nur gesehen hat, wie wir uns geküsst haben – na und?“ Komm, sei wieder lieb! Bitte!“ Tim antwortete nicht; er drehte sich auf den Bauch und griff erneut nach seiner Hose. Wieder einmal schaute er auf die Uhr – hier konnte man so schnell die Zeit vergessen; besonders, wenn neben einem das Aller-liebste liegt, das man nur haben kann. Tims Allerliebstes hieß seit heute Marko – und er war fest entschlossen, ihn niemals wieder loszulassen. Und trotzdem war er stinksauer auf Willy – und es war ein verdammt blödes Gefühl, nicht wirklich zu wissen, ob er sie nun beobachtet hat oder nicht…
„Hey Tim, was geht? Warum glotzt Du dauernd auf den Tacho?“ Die Frage kam von Mike. „Meine Alten wollen, dass ich zum Abendessen zurück bin – ich habe einen Deal mit meinem Dad, weißt Du?“ „Ach so – ist was für` n Arsch, aber wenn` s denn sein muss…“ Schon vier Uhr – bald würde er sich von seinen Freunden und vor Allem von Marko trennen müssen – so gerne hätte er die Uhr zurückgedreht, aber das ging nun mal nicht. Und so rückte der Zeitpunkt des Abschieds immer näher und näher…

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