Geteilte Welten Kapitel 13 – Willys Geständni

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Willys Geständnis

Die Eisdiele war fast leer, nur 2 oder 3 Gäste saßen vereinzelt an den Tischen. Vorne an der Theke war dafür umso mehr los. Tim, Marko und Willy setzten sich an einen Tisch in der hintersten Ecke. So gerne wäre Tim ganz dicht an Marko heran-gerutscht und hätte seine Hand gehalten; doch es sollte und durfte ja niemand wissen, dass sie ein Paar waren. Sie bestellten 3 große Schokoladen- Eisbecher, und Tim bestand darauf, zu bezahlen. Als die Eisbecher vor ihnen standen, steckte sich Willy einen Löffel voll in den Mund. Marko und Tim sahen ihn erwartungsvoll an – hatte er nicht gesagt, dass er ihnen noch etwas erzählen wollte? Willy setzte an, was zu sagen, verstummte aber sofort wieder. Scheinbar kostete es ihn etwas Überwindung, mit der Sprache herauszurücken. Marko versuchte, ein wenig nachzu-helfen: „Du wolltest uns doch was erzählen. Nun spann uns nicht so lange auf die Folter, raus damit!“

Wieder setzte Willy an: „Ähm, ich…“ und verstummte erneut. „Na los, sag schon!“ forderte nun auch Tim ihn auf. Im dritten Anlauf schaffte Willy es immerhin, einen zusammen-hängenden Satz zustande zu bringen: „Ich… muss euch was gestehen – und ich habe eine tolle Neuigkeit für euch. Was wollt ihr zuerst hören?“ „Das Geständnis!“ riefen Marko und Tim wie aus einem Mund. Willy lief rot an. „Also gut, ich geb´ s zu – ich…ich habe euch belogen, gestern am See und auch in der Mail an Dich, Tim. Ich habe doch zugesehen, als ihr… na, ihr wisst schon. Und ich habe mir dabei gewaltig einen runtergeholt. Es war einfach so geil! Ich… ich glaube, ich bin wie ihr!“ Tim wollte gleich wieder lospoltern – doch Marko legte seine Hand auf Tims Arm und schüttelte nur mit dem Kopf. Dann ergriff er das Wort: „Du meinst also, Du bist auch schwul?“ überging er, fast weltmännisch, Willys schweres Geständnis. „Hast Du denn vorher schon nach anderen Jungs geschaut oder schon mal was mit einem gehabt?“ „Na ja, genauer hingeschaut, so hin und wieder – schon“, gab Willy zu. „Manchmal sogar lieber als nach Mädchen.“ Tim sagte gar nichts, er löffelte nur stumm sein Eis. Aber innerlich kochte er, weil Willy ihn also doch belogen hatte. Am Liebsten hätte er jetzt und hier ein Fass aufgemacht und Willy gehörig die Meinung gegeigt. Nur Marko zuliebe hielt er sich zurück, so schwer es ihm auch fiel. Willy druckste weiter rum: „Jungs, es tut mir echt leid; ich wollte euch nicht belügen. Aber ich habe mich auch nicht getraut, euch die Wahrheit zu sagen. Ich kann ja verstehen, wenn ihr jetzt erst recht sauer auf mich seid – aber als ich euch da so liegen sah, und ihr euch gegenseitig einen geblasen habt, hätte ich am Liebsten mitgemacht. Ihr habt mich so rattig gemacht, dass ich mich einfach nicht losreißen konnte!“ Die ganze Situation war Willy furchtbar peinlich; das sah man ihm an. Er hatte den Kopf gesenkt, sein Eis begann langsam im Glas zu schmelzen – und er konnte den anderen Beiden noch nicht einmal in die Augen sehen.

„Aber Du hast es doch sonst keinem erzählt, oder?“ fragte Tim nun scharf. „Nein, ehrlich nicht! Und ich werde es auch keinem erzählen, auch den anderen Jungs nicht, versprochen!“ Schnell fügte er hinzu: „Sollte ich jemals dieses Versprechen nicht einhalten, gebe ich freiwillig das Amulett zurück!“ Tim und Marko wussten sehr wohl, wie viel ihm die „Bande“ bedeutete, und dass er sich selbst damit so ziemlich die schlimmste Strafe antun würde, die es für einen 16-jährigen Jungen geben konnte. „Ok, angenommen“ sagte Marko schließlich, nachdem zunächst eine quä-lende Pause entstanden war, in der niemand etwas sagte. „Gib mir Fünf!“ Er hob die Hand, und spreizte die Finger. Willy hob ebenfalls die Hand und schlug sie gegen Markos. So hielten sie mit ineinander verschränkten Fingern in der Luft inne und schauten zu Tim. Nach kurzem Zögern schlug schließlich auch er ein. Sie lösten sich wieder voneinander und beeilten sich nun erstmal, ihr Eis zu essen, bevor es ganz weg gelaufen war. Puuh, die Luft war raus! Schlagartig besserte sich Willys Laune. „Ok, und jetzt die gute Nachricht“, ergriff er wieder das Wort und schaute die Beiden an. „Ich habe hier etwas für euch!“ Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er einen ziemlich alt aussehenden Bartschlüssel. Er legte den Schlüssel auf den Tisch und schob ihn zu Tim und Marko herüber. Die Jungs sahen ihn fragend an. „Und wofür ist der Schlüssel?“ fragte Marko. Willy grinste. „Das ist der Schlüssel zu ungestörten Stunden für Turteltauben“ meinte er viel sagend. „Ich glaube, ich habe jetzt Einiges gut zu machen; also habe ich mir etwas überlegt und mit meinen Eltern gesprochen. Kommt mit, dann zeige ich euch, wohin der Schlüssel gehört!“ Tim bezahlte, so wie er es versprochen hatte, sie verließen das Eiscafe und liefen zum Bauernhof.

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