Liebe, Tod und Neuanfang Kapitel 7.1

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Kapitel 7
So oft ich konnte, kam ich an ihr Grab und pflegte gleichzeitig jene Stelle mit, die daneben so verwildert aussah. Auch hier schnitt ich das Gras, damit das von Silvia nicht mit in Leidenschaft gezogen wurde.
Die Wochen und Monate gingen durchs Land.
Hatte ich immer gedacht, dass die Zeit alle Wunden heilte, wurde ich eines Besseren belehrt. Silvia hatte mir zwar immer gesagt, dass wenn sie nicht mehr da wäre, ich nicht auf die Idee kommen sollte, keusch zu leben oder eine neue Liebe auszuschlagen, doch es funktionierte nicht.
Ich verglich alle Frauen mit Silvia und keine konnte ihr im Geringsten das Wasser reichen. Keusch zu leben, hätte ich mir nie erträumt, aber es war fast so. Mehr als der unbefriedigende Gang zu einer käuflichen Dame war nicht drin. Eine emotionale Bindung war von meiner Seite nicht gewünscht und die bekam ich auch nicht von ihnen. Ich wäre ebenfalls nicht auf die Idee gekommen, mir eine neue Frau zu suchen. Ich registrierte sie nicht einmal, hätte es nicht bemerkt, wenn sich eine von ihnen für mich interessiert hätte.
Etwas mehr als ein Jahr nach der verhängnisvollen Zeit, entdeckte ich, auf dem Platz neben Silvia ein frisch ausgehobenes Loch. Also würde demnächst dort jemand beigesetzt werden.
Als ich zwei Tage später wiederkam, war das Loch zu und es stand eine kleine Vase darauf, in der eine einzelne rote Rose steckte. Sonst war nur noch ein kleiner Stein darauf gelegt worden, auf dem der Name Ingo stand. Nichts weiter kein Nachname, keine Daten. Schlichter ging es nicht, sagte aber alles aus.
Was die nächsten Tage auffiel, war, wie sorgfältig das kleine Grab gepflegt wurde. Kein Grashalm war länger als das andere und die einzelne, rote Rose war immer frisch, wurde mindestens zweimal pro Woche ausgewechselt.
Es kam vor, dass sie noch nicht einmal richtig aufgegangen war, und schon war eine neue mit geschlossener Knospe darin.
Irgendwann machte es mich neugierig, ich wollte wissen, wer derjenige war, der sich dort betätigte. War es eine Mutter, die ihren Sohn zu Grabe getragen hatte, eine Frau, die ihren Mann verloren hatte oder das Grab eines Vaters, dessen Kinder oder Enkel alles pflegten.
Da ich täglich einen Spaziergang zu Silvias letzter Ruhestätte machte, fiel es mir nicht schwer, diese immer zu anderen Uhrzeiten zu tun. Irgendwann würde die Person oder Personen erscheinen.
Es dauerte zwei Wochen, als ich sie zum ersten Mal sah. Sie kam fünf Minuten nach zwölf und verschwand zwanzig Minuten später. In dieser Zeit schnippelte sie mit einer kleinen, mitgebrachten Schere das Gras auf exakt die gleiche Höhe und stellte eine neue Rose in die Vase. Danach stand sie noch fünf Minuten stocksteif vor dem Grab und sah hinunter. Erst dann drehte sie sich um und verwand in die Richtung, aus der sie gekommen war.
Ich saß währenddessen auf einer Bank, die aber zu weit weg gewesen war, um sie genauer zu betrachten, zumal sie mir den Rücken zugedreht hatte.
Daher sah ich sie nicht von vorne, nur ihr Profil war beim Ankommen und Gehen zu erkennen, aber aufgrund der weiten Entfernung, nicht eindeutig. Das Einzige, was gleich auffiel, war, dass sie sehr klein sein musste, was man erst richtig bemerkte, wenn ein anderer Mensch an ihr vorbei lief. Immer waren die anderen mindestens einen Kopf größer.
Dazu kam, dass sie anders gekleidet war, als man sich Menschen an diesem Ort vorstellte. Immerhin war sie dabei, Gartenarbeit zu verrichten. Da wirkte es befremdlich, dass sie eine Kombination trug, die mich an Menschen erinnerte, die in Banken arbeiteten. Halblang der Rock, dazu einen gleichfarbigen Blazer, der das gleiche Dunkelblau aufwies. Dazu noch schwarze, halbhohe Pumps.
Jetzt fragte ich mich, wie oft sie kam, denn es konnte nicht nur an einem Tag der Woche sein.
Vielleicht kam sie zur gleichen Zeit, dann würde es einfach werden, es heraus zu bekommen.
Es stimmte tatsächlich. Montags, mittwochs und freitags kam sie jedes Mal um fünf Minuten nach zwölf, verrichtete die gleichen Tätigkeiten und verschwand um fünf Minuten vor halb eins. Dabei brachte sie jeweils montags und freitags eine neue Rose mit.
Vier Wochen sah ich es mir von meiner Bank aus an und es änderte sich nie. Selbst als an einem Tag an dem der Himmel meinte, alle Schleusen öffnen zu müssen, kam sie pünktlich wie immer zum Grab. Wie ich, hatte sie einen größeren Schirm dabei, der bei ihr noch größer wirkte. Er hatte die Ausmaße eines Sonnenschirms.
Während sie also mit der einen Hand den Schirm über sich hielt, ging sie in die Hocke und richtete alles so hin wie immer. Als sie ging, sah ich auf einmal, wie ihr Kopf sich in meine Richtung drehte. Das hatte sie zuvor noch nie getan. Vielleicht lag es daran, dass es seltsam war, dass jemand bei dem Regen, auf einer Bank saß. Ich hatte dabei nicht bedacht, dass ein knallbunter Regenschirm, einer wie meiner, jetzt besonders auffiel.
Doch sie sah nur kurz zu mir herüber, wandte sich sofort wieder ab und ging.
Leider verwehrte es mir die Entfernung ihr Gesicht in den Einzelheiten zu sehen, die mir erlaubt hätte zu entscheiden, wie sie aussah. Aber ich meinte, eine südländische Tendenz zu erkennen. Zumindest würde es zu ihrem schwarzen Haaren passen, welches sie entweder als Zopf trug oder hochsteckte.
Ich wurde richtig neugierig, denn ich wollte endlich wissen, wie sie aussah.
Also ging ich am Montag um halb elf zum Grab von Silvia und begann es ausgiebig zu pflegen. Eine solche Pflege dauerte seine Zeit, sicher länger als bis um fünf nach zwölf Uhr.
Ich machte also weiter und wie immer kam sie zur gleichen Zeit den Weg entlang. Sie sah mich zwar, aber das schien sie nicht davon abzuhalten das zu tun, was sie immer tat.
Als sie angekommen war, sagte ich freundlich wie möglich: „Guten Tag!“, und sah sie dabei an. Sie drehte nur kurz ihren Kopf eine Richtung und nickte merklich, dann begann sie mit ihrem tun. Gras schneiden und Rose auswechseln, wie immer.
Auch wenn ich ihr nur kurz ins Gesicht sehen konnte, reichte es mir, das Gesamtbild von ihr zu vervollständigen.
Wie ich vermutet hatte, war sie der südländische Typ. Allerdings schien sie nicht daher zu kommen. Ihr Gesicht war fein geschnitten und wäre als italienisch durchgegangen. Dazu war sie noch relativ jung. Zumindest im Gegensatz zu mir, also zwischen fünfundzwanzig und dreißig. In ihrem Gesicht dominierten ihre beiden großen, schwarz wirkenden Augen, die etwas Trauriges, Melancholisches innehatten. Dazu kam eine kleine, spitze Nase und einem relativ kleinen Mund, dessen schmale Lippen von einem kräftigen, roten Lippenstift hervorgehoben wurde. Er konkurrierte mit den Augen, konnte aber gegen sie nicht gewinnen.
Hatte ich schon von Weitem bemerkt, dass sie klein war, wurde es mir jetzt erst recht bewusst. Viel mehr als einen Meter fünfzig war sie nicht, oder vielleicht noch fünf Zentimeter mehr, doch das hätte ich erst abschätzen können, wenn sie ihre Schuhe ausgezogen hätte.
Als noch ein kleiner Windstoß von ihrer Seite auf meine wehte, kitzelte meine Nase der Duft von einem Parfüm, was sicher nicht zu günstigen zählte. Es war ein alter Duft, das konnte man sofort erkennen. Nicht sportlich wie die Heutigen, Modernen, sondern eher süßlicher, weiblicher.
Zumindest gefiel es mir wesentlich besser, als vieles was es heute gab.
Bevor sie fertig war, ging ich nach Hause, denn ich hatte keinen Grund mehr länger dort zu bleiben. Alles, was ich jetzt noch getan hätte, wäre als nicht mehr nötig aufgefallen.
Alle Frauen hatte ich bis jetzt mit Silvia vergliche, bei ihr war es nicht anders. Was mir sofort auffiel, war, dass die beiden nichts, wirklich nichts Vergleichbares miteinander hatten. Sie waren grundverschiedene Typen. Damit war meine Neugierde und Analyse beendet. Oder zumindest fast. Denn ich hatte mich inzwischen daran gewöhnt, an den gleichen Tagen, um die gleiche Zeit, auf dem Friedhof zu erscheinen. Es war eine neue Regelmäßigkeit, die ich lieben gelernt hatte. Seit dem Tod von Silvia war ich in immer mehr diesen Regelmäßigkeiten verfallen, um mein Leben in eine geordnete Bahn zu lenken. Es hielt mich davon ab, die Spur zu verlieren. Es brachte mein Leben in Ordnung, zumindest was das Leben an sich betraf.
So kam es, dass ich sie öfter traf. Dabei entwickelte sich eine Art Drehbuch.
Ich war vor ihr da, sagte mein „Guten Tag“ wenn sie ankam, sie nickte mir zu, ohne eine erkennbare Regung zu zeigen und begann mit ihrem tun. Dann war ich fertig und verließ den Ort, bevor sie ging. Das ging circa drei Monate lang und wurde zu einem Ritual von mir.
Dann geschah etwas Seltsames. An einem Montag kam sie nicht. Ich war verwirrt und blieb noch eine Stunde länger dort. Trotzdem erschien sie nicht. Auch am Mittwoch und Freitag kam sie nicht. Auch nicht zu anderen Zeiten als sonst, denn das Gras auf dem Grab wurde länger und länger. Auch die Rose wurde nicht ausgewechselt und welkte langsam dahin.
Am nächsten Montag, konnte ich es mir nicht mehr mit anschauen. Es passte nicht, und als sie wieder nicht kam, machte ich es für sie. Ich ging eine neue Rose kaufen und stellte sie statt der verwelkten in die Vase. Jetzt sah es aus wie immer und ich war zufrieden.
Erst zwei Wochen später, sah ich sie das nächste Mal. Sie kam den Weg entlang und stand vor dem Grab, ohne mich mehr zu beachten, als sonst. Ich hatte mich die ganze Zeit weiterhin mit um ihr Grab gekümmert und somit sah es aus, als wenn sie selber regelmäßig da gewesen wäre.
Sie stand davor und wirkte verunsichert. Dann schnibbelte sie etwas, fast verlegen, an dem Gras herum, obwohl es nichts zum Schneiden gab. Dann stand sie davor, während ich noch beschäftigt war.
„Waren sie das?“, hörte ich eine leise und hohe Stimme an mein Ohr dringen. Zuerst meinte ich, mich verhört zu haben und fragte selber: „Bitte?“
„Ich habe sie gefragt, ob sie sich um das Grab gekümmert haben, während ich nicht da war?“
Diesmal klang ihre Stimme etwas lauter, aber trotzdem unsicher.
„Ja, habe ich!“, antwortete ich ihr und sah in ihre Richtung, worauf sie ihren Kopf ebenfalls zu mir drehte. Während ich jetzt in ihre unendlich tiefen und zugleich traurigen Augen schauen konnte, sagte sie nur: „Danke!“
Dann drehte sie sich zurück und stand noch fünf Minuten lang davor. Dieses Mal ging sie vor mir zurück.
Am Freitag darauf, als wir schweigend nebeneinander arbeiteten, konnte ich nicht mehr anders und sagte zu ihr: „Adam!“ nicht mehr.
Daraufhin kam von ihr: „Bitte?“ und ich antwortet ihr noch einmal.
„Adam, mein Name ist Adam wie der aus der Bibel. Ich wollte mich gerne vorstellen. Immerhin haben wir uns schon oft gesehen und ich fand es an der Zeit, dies zu tun!“
Sie unterbrach ihr geschnibbel und gezupfe und sah mich seltsam an. Doch ich wusste wenige Sekunden später, warum sie so schaute. „Eva, ich heiße Eva, ebenfalls wie aus der Bibel!“

Dabei meinte ich ein leichtes, fast nicht zu erkennendes Lächeln auf ihren Lippen zu bemerken. Vielleicht wollte ich es sehen.
Damit war unsere Konversation für diesen Tag beendet. Immerhin wusste ich jetzt, wie sie hieß und ich ließ es mir auf der Zunge zergehen. Adam und Eva, ein seltener Zufall. Es gab nicht viele Frauen die Eva hießen, zumindest kannte ich nur noch eine andere, doch die war eher die Schlange auf dem Baum gewesen und ich hätte freiwillig in den Apfel gebissen, um von ihr weg zu kommen.
Doch das war eine vergangene Sache und berührte mich nur noch als Fußnote in meinem Leben.
Zwei Wochen später sah der Himmel seltsam aus. Die Luft war drückend und ich befürchtete, dass es nass werden könnte. Also nahm ich meinen Schirm mit, denn es gab die große Lebensweisheit, hatte man einen mit, regnete es nicht. Als ich auf dem Friedhof angekommen war, ballten sich die Wolken noch dichter zusammen und ich meinte es, im Hintergrund grummeln zu hören. Aber das stört mich nicht. Ich mochte Gewitter, auch wenn ich sie lieber Zuhause erlebte.
Zwei Minuten früher als sonst kam Eva, was wahrscheinlich daran lag, dass sie schneller ging als sonst. Sie sah ebenfalls nach oben zu den Wolken, die sich vor die Sonne geschoben hatten und gerade dabei waren, sich über unsere Köpfe zu schieben.
Es konnte nicht anders kommen. Ich hatte zwar meinen Schirm mit, sie ihren nicht. Oder anders gesagt, sie war daran schuld, dass in dem Augenblick als sie bei mir ankam, die ersten dicken Tropfen vom Himmel fielen. Dazu zuckte ein erster erkennbarer Blitz durch die Wolken und es knallte kräftig.
Eva zuckte zusammen und sah mehr als besorgt zum Himmel hoch. Man konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht gefiel, was nicht nur am Regen lag. Ich will es nicht als Panik auslegen, doch das Gewitter machte ihr zumindest Angst.
Da sie schnell gelaufen war, atmete sie dementsprechend schnell, als sie bei mir ankam.
„Hallo!“, sagte ich und machte meinen großen Schirm auf. „Ich glaube, es ist nicht schlecht, wenn ich noch hierbleibe und dich vor dem Regen schütze. Ohne Schirm wirst du bald klatschnass sein!“
Sie nickte, wie es ihre Art war. Man konnte jedoch sehen, dass sie darüber erfreut war. Also stellte ich mich direkt neben sie und hielt meinen Schirm über sie, während sie sich hinhockte und den Rasen schnitt. Es war auch gut so, denn der Regen wurde dichter und hätte sie im Nu durchnässt. Jetzt konnte sie ihre Arbeit verrichten, ohne etwas davon abzubekommen. Zu allem Übel kam jetzt auch noch Wind auf. Er ließ den Regen nicht nur senkrecht fallen, sondern kam jetzt auch von der Seite.
Da der Schirm sehr weit von der hockenden Eva weg war, begann sie trotzdem nass zu werden. Um dem entgegen zu wirken, ging ich ebenfalls in die Hocke und ließ den Schirm so weit herunter, dass er meine Haare berührte.
Eva hatte es bemerkt, machte jedoch mit dem weiter, was sie gerade tat.
Jetzt waren wir wie in einem Zelt, denn der Schirm hatte, einen weit herunterreichenden Rand. Nur einen Meter trennte der Rand vom Boden und so musste es seltsam aussehen, wie zwei Menschen in einem Platzregen, unter einem Schirm hockten.
Aber das sah niemand, denn außer uns war niemand mehr hier, der es sehen konnte. Es war auch zu verrückt.
Durch meine Nähe zu Eva konnte ich sie jetzt natürlich besser studieren und noch besser riechen. Mir fiel erneut auf, wie klein sie war, hatte ich mich inzwischen daran gewöhnt, war ich doch erstaunt, wenn ich Details sah, die mir vorher nicht aufgefallen war.
In ihrer gebückten Haltung fiel mir besonders auf, wie schlank ihr Hals war, wenn ich von oben auf sie herabschaute und die oberen Wirbel entdeckte, die sich durch die Haut drückten.
Dazu kam, dass sie in ihrem Blazer Schulterpolster trug und noch schmaler sein musste, als ich angenommen hatte.
In dieser zusammengekauerten Haltung und unter dem glockenförmigen Schirm, trat noch ein weiterer Effekt auf. Ihr Duft sammelte sich unter dem Schirm und gelangte intensiver in meine Nase.
Sie trug immer dasselbe Parfüm, denselben Duft, den ich von ihr kannte. Ich sog die Luft langsam, mit einem tiefen Atemzug in mich hinein und meinte seit Langem nichts besseres mehr gerochen zu haben.
Plötzlich wurde es kurz unheimlich hell um uns herum und fast zur gleichen Zeit, krachte es so laut, dass die Erde zu beben schien. Ganz in unserer Nähe war der Blitz eingeschlagen und Eva schrie auf. Ich griff nach ihr, denn sie drohte vor Schreck umzufallen. Sie drehte sich schneller zu mir um, als ich dachte, und umarmte mich, um sich an mir festzuhalten.
Ich konnte sofort spüren, wie sie zitterte. Das Gewitter setzte ihr wesentlich mehr zu, als mir, obwohl es recht unangenehm war. Der einzige Schutz für uns war im Moment, dass wir tief auf der Erde kauerten. Wir waren so niedrig wie möglich und ich hoffte innerlich, dass der Blitz uns nicht entdeckte.
Eva zitterte nicht nur, das Gewitter hatte sie so in Angst versetzt, dass sie zu weinen begann. Das wiederum zerrte an meinen Nerven, denn ich hasste es, wenn Menschen in meiner Gegenwart weinten.
Irgendwie kam bei mir der Beschützerinstinkt hervor, denn ich zog sie nah an mich heran, und streichelte ihr über das Haar, welches in einem Pferdeschwanz gebunden war.
Ihr Zittern ging langsam zurück, und als der nächste Blitz vom Himmel fuhr, zuckte sie nicht mehr so stark zusammen. Vielleicht lag es auch daran, dass dieser wesentlich weiter weg gewesen war. Zumindest sagten mir die Sekunden das, die zwischen Blitz und Donner lagen.
Irgendwann löste sich Eva von mir. Es wurde langsam Zeit, denn ihre zwanzig Minuten waren schon überschritten. Sie sah zu mir herauf, und als ich das viele Wasser sah, was in ihren Augen schwamm, zog ich ein Taschetuch aus meiner Jackentasche und tupfte diese zärtlich weg.
Zum Glück trug sie keine Mascara und Wimperntusche, denn durch die Tränen hätte sie jetzt zerstört ausgesehen. So waren ihre Augen nur leicht gerötet.
Dann versuchte sie aufzustehen doch ich musste ihr helfen, denn die lange Zeit in der Hocke, machte sich unangenehm bemerkbar. Als wir es geschafft hatten, begleitete ich sie zum Ausgang des Friedhofs, denn es regnete nach wie vor. Zwar nicht mehr so viel, doch es reichte aus, um nass zu werden.
Dann richtete sie ihren Schritt nach links und ich folgte ihr, um weiterhin den Schirm über sie zu halten. Nur fünfhundert Meter weiter, kamen wir an ein Bürogebäude, an dessen Eingang sie stehen blieb und sich zu mir drehte. Sie griff mit beiden Händen an meinen Kopf, zog ihn herunter und stellte sich selber auf die Zehenspitzen. Dann bekam ich einen gehauchten Kuss auf eine Wange. Es war das Dankeschön, für meine geleisteten Dienste und ich fühlte mich reichlich belohnt. Damit gerechnet hatte ich nicht.
Eva drehte sich um und ging in das Gebäude hinein. Ich nahm an, dass dies der Grund war, warum sie immer zur gleichen Mittagszeit kam. Sie nutzte ihre Pause dazu, zum Friedhof zu gehen.
Seit dieser Zeit begrüßten wir uns, wenn wir uns sahen. Wenn also nichts dazwischen kam, was nicht vorkam, jeden Montag, Mittwoch und Freitag. Ich war zu einem freundlicheren „Hallo“ übergegangen, das von ihr gleich beantwortet wurde. Sogar eine kleine Konversation konnte manchmal entstehen, wenn auch auf seichtem Niveau. Wir sprachen über das Wetter oder Ähnliches, Persönliches kam nie zur Sprache, wurde von vornherein ausgeklammert. Es war mir recht und Eva ging es nicht anders.
Eines Tages, als wir wieder nebeneinander am Arbeiten waren, sah sie zum Himmel herauf und meinte nebenbei: „Es ist schade, dass es nicht mehr regnet. Ich würde zu gerne mit einem Schirm auf der Bank dort drüben sitzen. Es scheint interessant dort zu sein!“
Ich weiß nicht, wie ich es sagen sollte, aber ich fühlte mich ertappt. Also hatte sie mich bemerkt, genauso wie ich es vermutet hatte. Ich machte gute Miene zum Spiel und antwortete: „Ja, man sitzt dort gut und kann von da aus interessante Menschen beobachten. Sogar im Regen, obwohl dann nicht viele hier sind. Wenn es nicht regnete, ist es besser.“
„Seltsam, es ist mir nicht aufgefallen, dass dich andere Menschen interessiert haben!“, sagte sie und drehte ihren Kopf zu mir.
Sie hatte es die ganze Zeit gewusst. Das konnten nur Frauen. Beobachten ohne das Mann es merkte. Diese Eigenschaft war mir schon immer unheimlich gewesen, gehörte jedoch zu den Frauen, wie das Gespür für Stimmungsschwankungen bei anderen Menschen.
„Es könnte daran liegen, dass ich nicht alle Menschen interessant finde!“, sagte ich ausweichend, wobei ich versuchte auf ihre Körpersprache zu achten. Aber es fiel mir nichts an ihr auf, was ungewöhnlich für sie wäre.
„Ach ja“, sagte sie fast nebenläufig und nickte in die Richtung von Silvias letzter Ruhestätte. „Deine Frau?“
Ich war überrascht. Es war das erste Mal, dass sie etwas Persönliches fragte. So überrascht, dass ich einmal nickte und sie verstand. Im Gegenzug fragte ich sie: „Dein Mann?“, und bekam die gleiche Geste von ihr, die ich bereits gemacht hatte.
Damit war ihre Neugierde anscheinend befriedigt und wir trennten uns bis zum nächsten Mal.
So erfuhr ich langsam mehr von ihr und sie von mir. Wir breiteten unsere Gefühle und Gedanken zwar nicht vor uns aus, doch einige Informationen kamen noch rüber. So erfuhr ich von ihr, dass ihr Mann Ingo vor fünf Jahren gestorben war. Als sie in ihrer Funktion als Chefsekretärin in unsere Stadt versetzt wurde, hatte sie ihren Mann umbetten lassen, damit sie ihn in ihrer Nähe wusste. Seine Asche gab ihr immer noch den Halt im Leben, den sich brauchte. Sie war nach seinem Tod in ein tiefes Loch gefallen und war fast daran gescheitert. Nur mit der Hilfe einiger Freunde und eines Psychologen, hatte sie es geschafft und war in einem Gleichgewicht, welches jedoch auf tönernen Füßen stand. Sie wusste, dass sie noch labil war, besonders was den Umgang mit anderen Menschen, besonders Männern anging. Sie wusste, dass sie Verlustängste hatte, aber dieses Wissen nutzte ihr nichts. Die Psyche lies sich nicht mit Wissen austricksen. Also war ihr einfachstes Mittel dagegen, sich von anderen Menschen abzukapseln, wenn auch ihr Seelenklempner es lieber anders gesehen hätte.
Alles das erklärte, warum sie sich verhielt, wie sie es tat. Sie sah nicht nur zerbrechlich aus, sie war es in gewissem Maße auch, wenn auch nicht körperlich.
Ein paar Tage später lud ich sie unverbindlich zum Kaffeetrinken in ein Lokal ein. Ich stellte ihr frei, ob sie kommen würde. Ich wollte sie zu nichts drängen. Ich sagte nur Uhrzeit und Ort. Sie sagte, dass sie es ich überlegen würde.
Als ich im Kaffee saß, erwartete ich es eigentlich nicht, dass sie kommen würde, doch ich hatte mich getäuscht. Pünktlich kam sie zur Tür herein. Ich war überrascht, aber nicht weil sie erschienen war, sondern weil ich sie nur im Anzug kannte. Diesmal hatte sie sich sportlich gekleidet und trug höhere Schuhe als sonst. Sie steuerte sofort meinen Tisch an und unser begrüßendes „Hallo“ war obligatorisch.
Mir war in den letzten Tagen aufgefallen, dass sie sich leicht geändert hatte, vielleicht sogar verwandelt. Sie sah nicht mehr so traurig aus wie sonst, was täuschen konnte. Was man auf alle Fälle sah, war, dass sie öfter lächelte. Es war ein sehr feines, angedeutetes Lächeln, doch es war da. Es sah aus, als wenn sich dabei ihre ganze Art änderte und es machte mir mehr als Freude, dies zu verfolgen.
Wir saßen uns gegenüber und wir erzählten uns belanglose Dinge. Trotzdem machte es mir viel Spaß. Es war herrlich ihr zuzusehen, wie sich ihre Mimik änderte, denn ihr Gesichtsausdruck konnte sich von einer zur anderen Sekunde ändern. Es ging fließend ineinander über und es konnte sein, dass sie grinste und eine Sekunde später aussehen, als wenn man gerade etwas Dummes gemacht hatte. Dann spiegelte sich sofort etwas sie Verärgerung wieder.
Ab und zu musste ich darüber grinsen und sie frage mich mehr als einmal, was so komisch wäre. Ich winkte ab und erklärte es ihr nicht, denn ich wollte nicht, dass sie es in den falschen Hals bekam und verärgert wurde.
Es war ein unterhaltsamer Nachmittag, und als sie ging, sah ich ihr noch länger nach. Dabei erwischte ich mich, dass ich ihren kleinen Hintern ansah, der straff von ihrer Hose ummantelt, hervorgehoben wurde.
Am Tag darauf trafen wir erneut auf dem Friedhof aufeinander. Zu meiner Überraschung trug sie keinen Anzug, sondern war ähnlich wie am Tag zuvor gekleidet. Es sah aus, als wenn es bald zu regnen beginnen würde und wir hatten beide unsere Schirme dabei.
Sie sah an sich herunter und sagte erklärend: „Ich habe mir zwei Tage freigenommen. Ich hatte keine Lust zum Arbeiten. Es ist schon so lange her, dass ich das getan habe, dass mein Chef komisch geschaut hat. Aber er fand, es sei eine gute Idee, wenn ich rausgehen würde. Er weiß, was mit mir los ist, von daher unterstützt er mich, wo er kann. Ach ja, zur Info. Er ist siebzig, sieht aus, wie ich mir einen Opa vorstelle, und hat eine ihn unter Kontrolle haltende Frau. Nur so zur Erklärung, wenn ich davon spreche, dass er sich um mich kümmert!“
Ich sah sie mit großen Augen an. „Ehh, ich habe doch nichts gesagt. Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen!“
„Tschuldigung, alte Gewohnheit. Ingo hatte es nie geglaubt!“
Sie sprach nicht gerne von ihrem verstorbenen Mann, das hatte ich schon bemerkt. Wie die beiden zueinandergestanden hatten, konnte ich nicht sagen, aber da war etwas, was nicht passte.
Aber da war das Thema schon vom Tisch, und gerade als wir fertig waren, kamen die ersten Tropfen vom Himmel.
„Darf ich dich auf eine Runde Banksitzen einladen?“, fragte ich sie und musste grinsen.
„Sehr gerne, ich wollte schon immer wissen, wie die Aussicht von da aus ist!“
Während ich jetzt meinen Schirm aufspannte, hakte sie sich auf einmal beim mir im Arm ein und wir gingen gemessenen Schrittes zur Bank. Dort angekommen, wischte ich mit einem Taschentuch den Platz sauber und soweit trocken, dann setzten wir uns nebeneinander hin.
„Schöne Aussicht von hier aus“, sagte sie und sah in Richtung der beiden Gräber. „Ein wenig weit weg, aber trotzdem gut zu übersehen. Ein gut gewählter Ort, um Beobachtungen zu machen.“
Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und konnte erneut das leichte Grinsen sehen, was ihr Gesicht aufhellte. Man konnte diesmal die Ironie geradewegs aus ihrer Stimme hören und ich musste ebenfalls grinsen. Ertappt.
„Wie ist das eigentlich, wenn man hier sitzt und eine Frau beobachtet, die man nur von hinten sieht. Worauf achtet man dann?“
Eva brachte mich in Verlegenheit, obwohl es nicht klang, als wenn sie das wollte.
„Es kommt darauf an, ob man die Frau für interessant findet oder nicht. Wenn nicht, schaut man woanders hin, wenn doch, würde ich sagen, auf den Hintern. Viel anders bekommt man von ihr nicht zu sehen!“
„Nicht die Beine oder den Kopf?“, fragte sie weiter.
„Wenn sie hockt, dann nicht!“
Jede andere Antwort wäre gelogen gewesen und das wusste Eva.
Also ging ich zum Angriff über: „Und bevor du fragst. Ja, mir hat gefallen, was ich gesehen habe. Zumindest weiß ich das heute. Vor Wochen hat mich nur interessiert, wer das Grab neben meinem pflegt! Aber schon bald habe ich gemerkt, dass mich der Mensch faszinierte!“
Dann trat eine Pause ein. Wir sprachen nicht miteinander, sondern hörten nur dem Regen zu, der inzwischen auf den Schirm prasselte.
„Mir ist kalt und ich habe Angst!“, sagte Eva auf einmal.
„Ich habe Angst vor dir Adam. Ich weiß nicht, ob es gut ist, was sich zwischen uns entwickeln könnte!“
Ich antwortet ihr nicht, zog nur meine Jacke aus und legte sie ihr über die Schulter, dann legte meinen freien Arm um sie und zog sie zu mir heran.
Trotz der Jacke, konnte ich ihre Wärme spüren, die hindurch gelangte. Dann lege sie ihren Kopf an meine Schulter und wir saßen weiterhin schweigend da.
Nach Minuten sagte ich: „Ich weiß es auch nicht. Doch mir hat einmal ein Mensch gesagt, wenn man es nicht probiert, wird man es nicht herausbekommen!“
Eine Minute später meinte ich: „Ich habe es probiert und es wurde zur schönsten Zeit, die ich jemals hatte. Mir wäre vieles entgangen, was ich nicht mehr in meinen Gedanken missen möchte.“
Wieder entstand eine Pause. Der Regen war dichter geworden und es perlte nicht mehr vom Schirm herab, sonder floss in kleinen Bächen. Dazu wurden unserer Schuhe langsam nass, die nicht mehr unter den Schirm passten. Doch das nahmen wir nicht mehr war. Wir waren nur noch auf uns fixiert und was außerhalb von uns vorging, war Nebensache. Der Schirm war, wie eine Taucherglocke die uns davon im wahrsten Sinne des Wortes abschirmte.
„Es zerreißt mich seit Wochen. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll, weiß nicht, was mit mir los ist. Auf der einen Seite weiß ich, dass ich es versuchen sollte. Die andere Seite sagt, dass ich es lassen soll. Das Schlimmste ist, dass mir dabei keiner helfen kann!“
Ich fühlte mich in diesem Moment hilflos. Ich hielt ein zitterndes Bündel Frau im Arm, der ich weder zur einen noch zur anderen Antwort raten wollte. Das musste sie selber entscheiden.
Eva hob ihren Kopf und sah mir tief in die Augen. Ich konnte nicht anders und kam diesem mit meinem entgegen, doch kurz bevor sich unsere Lippen trafen, drehte sie ihren Kopf weg und sagte:
„Nicht, bitte nicht. Das macht es nur noch schwerer!“
Sie legte meine Jacke ab, gab mir noch einen gehauchten Kuss auf die Wange und stand auf. Dann ging sie ohne sich umzudrehen durch den Regen davon.
Ich sah ihr noch lange nach, wusste genau, dass sie nicht wollte, dass ich ihr folgte. Sie wollte für sich sein, wollte niemanden dabei haben. Diesen Kampf mit sich selber, musste sie selber mit sich ausfechten. Davon war ich überzeugt.
Ich blieb noch auf der Bank sitzen, auch wenn ich inzwischen nasse Füße hatte. Ich hatte nichts anders vor und wollte im Moment weder unter Menschen, noch nach Hause. Die Stille und Einsamkeit des Friedhofs war das Richtige für mich. Hier konnte ich meinen Gedanken nachhängen, ohne mich beobachtet zu fühlen.
Nach einer Stunde, wollte ich gerade aufstehen, als ich eine kleine Gestalt den Weg entlangkommen sah. Schon nach wenigen Metern erkannte ich Eva, die geradewegs auf die beiden Gräber zuging. Sie stand zehn Minuten vor dem Grab ihres Mannes und bewegte sich keinen Zentimeter.
Selbst aus dieser Entfernung konnte man erkennen, dass sie durchnässt war. Ihre Kleidung hatte die Spannkraft verloren und hing bzw. klebte an ihrem Körper. Ebenso hatten sich ihre Haare aufgelöste, die sie zuvor noch aufgesteckt getragen hatte.
Ich wartete ab, denn ich fühlte innerlich, dass ich jetzt nicht zu ihr herüber gehen sollte. Ihr Kampf mit sich selber, war noch nicht abgeschlossen.
Dann sah ich auf einmal, wie Bewegung in ihren Körper kam. Sie drehte sich um und kam mit staksigen Schritten auf mich zu.
In mir war die Spannung kam noch zum Aushalten. Was immer in den nächsten Minuten geschehen würde, würde mein Leben zumindest für eine Zeit lang verändern.
Dann stand sie vor mir, während ihr ihre nassen Haare ins Gesicht hingen. Ohne Worte streckte sie mir eine Hand entgegen und ich ergriff sie. Danach versuchte sie mich, von der Bank zu ziehen. Ich folgte der Aufforderung und stand wenige Sekunden später vor ihr. Kaum hatte ich mich aufgestellt, machte sie einen Schritt nach vorne und umarmte mich.
Sofort spürte ich die Nässe, die von ihrer Kleidung auf meine übertragen wurde. Doch es störte mich nicht im geringsten. Ihr Kopf lag gegen meine Brust gelegt und ich umarmte sie ebenfalls, nachdem ich den Schirm zur Seite gelegt hatte. So standen wir eine ganze Weile zusammen im Regen und hielten uns gegenseitig fest, ohne uns zu bewegen. Wir wollten uns nicht bewegen, wir wollten, dass dieser Augenblick ewig dauern würde.
Doch der Regen war dagegen. Er wurde stärker. Also schob ich Eva sachte von mir weg, nahm den Regenschirm in eine Hand und nahm mit der anderen, eine der ihren.
„Komm!“, sagte ich und wir gingen zum Ausgang des Friedhofs. Sie hatte mir nie gesagt, wo sie wohnte, daher beschloss ich, sie mit zu mir zu nehmen. Es war nicht weit und anscheinend war es ihr recht. Außerdem mussten wir langsam, vor allem Eva, aus den nassen Klamotten. Das konnte auf die Dauer nicht gut für die Gesundheit sein.
Schnell waren wir bei mir angekommen. Ich schloss die Tür auf und wir gingen hinein. Hier überlegte ich, was ich ihr zum Anziehen geben könnte. In meinem Haushalt hatte ich keinen Klamotten für Frauen mehr, schon gar nicht in ihrer Größe. Es blieb mir nichts anders übrig, als ihr einen meiner Pyjamas zu geben, obwohl ich wusste, wie es aussehen würde, wenn sie in die Klamotten eines 1,85 Meter großen Mannes schlüpfte. Doch das war im Moment egal. Hauptsache sie kam aus dem nassen Zeugs.
Ich drückte ihr diesen in die Hände und schob sie vorsichtig ins Bad. Dann schloss ich hinter ihr die Tür und begab mich selber zu meinem Kleiderschrank, um mich ebenfalls umzuziehen.
Schneller als sie, war ich im Wohnzimmer und hatte mir etwas bequemes angezogen. Ein dickerer Jogginganzug musste reichen, der hielt am wärmsten, denn mir war ebenfalls kalt geworden.
Zehn Minuten später kam Eva aus dem Bad. Sie sah verlegen aus. Sie wusste mit der Situation nicht umzugehen. Mir ging es nicht anders, aber da ich sie jetzt in meinem Pyjama sah, musste ich grinsen. Er hing an ihr herab, wie es eben aussah, wenn man Klamotten anhatte, die x-mal zu groß waren. Sie schlabberten ihr um den Körper und man konnte weder Hände noch Füße sehen. Sie musste beim Laufen sehr aufpassen, dass sie nicht fiel. Die Hosenbeine gerieten unter die Füße.
Langsam kam sie auf mich zu und ich war erstaunt, dass sie noch kleiner wirkte. Das lag nicht an den Klamotten, sondern mir fiel auf, dass sie sonst ihre höheren Schuhe trug, die sie jetzt nicht anhatte.
Ihre Haare hatte sie dadurch gebändigt, dass sie diese erneut hochgesteckt hatte. Trotzdem sahen sie wild aus und standen teilweise vom Kopf ab. Da fiel mir erst auf, dass ich keinen Föhn mehr hatte. Der Letzte war kaputt gegangen und ich selber brauchte keinen. Aber es musste so gehen. Es spielte keine Rolle.
Eva kam auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen.
„Nimm mich in die Arme“, sagte sie leise.

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