Ein Name mit A
Kleine Warnung. Diese Geschichte ist kryptisch. Für viele wird sich hier keine direkte sexuelle Handlung abbilden. Kein literarischer Orgasmus und keine massierenden Ausdrücke. Wer den reinen Trieb verlangt, wird ihn hier nicht finden. Emotionaler Sinn in Reflexion.
Lange kannten wir uns noch nicht. Vielleicht einen Monat, vier Wochenenden, 4 Treffen. Keine Lange Zeit eigentlich, aber irgendwie war es schon etwas besonderes. Wenigstens so besonders, dass ich jedes Wochenende so eine weite Strecke, sagen wir mal 300 km auf dem Hinweg und das selbe noch einmal auf dem Rückweg fuhr, ohne überhaupt zu wissen, wohin sich das ganze entwickeln sollte. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass mich ein Mädchen umarmt hat, aber irgendwie war das Gefühl an dem Abend ein besonderes.
Nach gut zwei Stunden Fahrt kam ich in einem kleinen beschaulichen Dorf an, in dem ich erst einmal auf dem Parklplatz eines nahegelegenen Discounters hielt. Ich schaute auf mein Handy, setzte kurz noch eine Nachricht ab und fuhr wieder auf die Hauptstraße, um wenig später in eine kleine Wohnsiedlung einzubiegen. Ich stellte das Auto ab, stieg aus und ging ein Stück den Gehweg entlang. In einer Kurve kam ein sie auf mich zu. Von der anderen Straßenseite aus, konnte man noch nicht viel erkennen, aber das rotbraune Haar und die teils noch roten Narben auf ihren Armen verrieten sie. An einem Samstag um diese Zeit war es verhältnismäíg leer, aber wir gingen ein kurzes Stück durch die Siedlung, um sie letztendlich an einem Wendehammer neben einem Spielplatz, in Richtung einiger Weiden und Felder zu verlassen. Rechts fand sich eine große abfallende Wiese, an deren Ende sich eine Art trockenes Moor befand. Große, dichte Gräser, teils meterhohe Diesteln und ausgedörrter Boden, der zu anderen Zeiten wohl zu einem reinen Sumpf werden sollte. Ich kann nicht mehr genau sagen, wie wir darauf kamen, aber ich nahm sie auf meinen Rücken und trug sie durch das Gestrüpp. Nach gut 200 m saßen wir im Gras. Redeten, erzählten, bis wir nebeneinander in der Sonne lagen und über Erlebnisse, Erfahrungen und jede Menge Unsinn durch unsere Gedanken kreisen ließen. Ich blickte zu ihr und fragte mich, wohin das ganze führt. Keinen Plan vor Augen, keine Bedürfnisse, keine Gedanken, nur die Sonne im Gesicht und ein gutes Gefühl im Bauch. Das Licht brachte die zarten rosa Linien zum glänzen. Eigentlich nichts schönes, aber es machte sie aus, stärkte ihren Charakter. Ich bereue es, sie enttäuscht zu haben, aber vielleicht war es besser so.
Ich hatte selten einen so schönen Sommer erlebt. Wie die Kinder übers Feld rennen, den Berg herunter rollen und lachend im Gras liegen. Es war schon fast dunkel, als wir wieder in die Siedlung traten. Gras in den Haaren und staubige Klamotten. Eigentlich war es schon Zeit, aber sie setzte sich auf die Bordsteinkante im Wendehammer und ich setzte mich hinter sie, fing an ihre Schultern zu massieren und ihre Haare zu fühlen. Es begann zu regnen. Keine schweren Tropfen, sondern feine Fäden, die wärmer waren, als die mittlerweile fast schon kühle Abendluft. Ihr Rücken war warm und brannte fast. Ein tolles Gefühl, irgendwie neu aber herrlich, meinen ganzen Körper erfassend. Eine Umarmung zum Abschied und mit lauter Musik aus den alten Boxen, einem Lächeln auf dem Gesicht trat ich alleine den Rücktritt an. Eine Woche später lagen wir auf dem Bett. Auf meinem Bett. 1200 km an einem Tag. Aber es lohnte sich. Der Film lief nur nebenbei. Diese Mal brannte mein Rücken. Noch heute glänzt er manchmal. Kein gefühltes Brennen, sondern ein sichtbares. Die Temperatur fiel auf -100, stieg aber nur Sekunden später auf +200. Ich genoss das Gefühl, wie es mir den Rücken herunterlief, sich mit der Haut verband und meinen Körper streichelte. Sie setze an. Wieder und wieder. Ich genoss es, konnte keinen Schmerz fühlen, keinen Zorn oder Hass, keinen Druck, kein Verlangen. Nur dieses Schwanken auf meiner Haut und die Rinnsale, die sich den Weg nach unten bahnten. Immer tiefer gruben sich ihre Fingernägel in meine Haut. Etwas, das für mich die oberste Stufe des Glückes darstellte. Wie konnte ich es mir nur nehmen. Ich wollte mehr. Verlangte, stichelte und forderte. Zu viel. Zu unsinnig. Zu kopflos. Und sie konnte nicht einmal etwas dafür. Nun sitze ich hier nach 40 Minuten auf er Kante zwischen Garten und Praxiszimmer. Die Balkontür geöffnet. Ihr wärmer Rücken vor meiner Brust. Eine Zigarette in ihrer dünnen jungen Hand. Ein Glimmen in der Nacht und ihre Worte schmerzen mehr als jede Narbe auf meinem Rücken. Sie wird es verdängen. Für sie wird es nie geschehen sein. Ein Traum, der schnell vergessen ist. Sie lacht mich an und lächelt. Sie ist mir nicht böse. Doch ich bin nicht mehr ich selbst. Ich bin leer und verloren. Ein einziges Loch. Es gibt viele, die hätten es genossen. Wären erblüht an meiner Stelle und sie wäre es vermutlich auch. Aber ich konnte ihr nie das geben, was sie wirklich wollte.
Noch heute erinnere ich mich mit Tränen in den Augen an eine Autofahrt durch die Nacht. Laute Musik aus den alten Boxen. Ein dürres und leicht lächelndes Mädchen auf dem Beifahrersitz. Ihr Pony verdeckt ihre Augen. Rotbraune Haare und leicht rosa leuchtende Linien auf ihrer Haut. Das Bewusstsein zu spät zu sein. Die Nacht erobern und nie wieder vergessen. Heute lasse ich meine Gedanken nicht mehr kreisen. Ich fühle gezielt und denke zurück an das Mädchen. Die Haare im Gesicht, ein leichtes Lächeln. Rauch steigt in die Nacht.
Die Narbe auf meiner rechten Hand wird mich für immer an sie erinnern.